Die Klimakrise ist eine Herausforderung für Vernunft und Gewissen. Die Vernunft misst den Anteil an Treibhausgasen in der Luft und stellt fest, dass er sich seit der vorindustriellen Zeit nahezu verdoppelt hat. Aus einer Schutzdecke, die unseren Planeten bei angenehmen 15°C gehalten hat, wurde eine Heizdecke, die zu einer Steigerung der Temperatur um bis jetzt 1,5 °C geführt hat und weiter steigt. Die Vernunft schaut in die Zukunft und erkennt, dass Veränderungen drohen, sog. Kipppunkte, deren Auswirkungen nicht mehr gut zu machen sind: das Abschmelzen der Eischilde in Grönland und in der Antarktis, das Auftauen der Permafrostböden, das Abholzen der Regenwälder. Die Vernunft schaut aus dem Fenster und sieht, dass auch wir im schönen Mitteleuropa bereits betroffen sind von Starkregen, Hitzeperioden und Orkanen. Die Vernunft weiß, was zu tun ist: rasches Ende des Verbrennens von Kohle, Erdöl und Gas. Radikaler Umstieg auf erneuerbar Energie. Ende der Zerstörung der Meere, von Ackerboden und Wald. Ende unserer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft, Umkehr zu einer behutsamen und nachhaltigen Lebensweise.
Beim Gewissen gibt es ein trauriges, das sich in Ausflüchten verkriecht: „Was kann ich denn dafür. Was kann ich schon dagegen tun. Mein Beitrag ist ohne Belang; also kann ich es gleich lassen“. Und dann gibt es ein fröhliches, waches Gewissen. Das sagt: „Du bist nicht alleine; wir sind Viele. Gemeinsam können wir die Atmosphäre schonen und den Raubbau beenden. Gemeinsam können wir unseren Lebensstil ändern. Mit vereintem Mut und Phantasie kann die Revolution unseres Energieverbrauchs gelingen. Wir sind nicht mehr Totengräber der Schöpfung, sondern werden frei zu einem Leben, das dem Leben dient“.
Ostern: die Selbsthingabe Jesu in Leiden und Tod ist auf wunderbare Weise zur Befreiung geworden für Viele aus Selbstsucht und Angst. Die Wende von Verschwendung und Raubbau hin zu einem behutsamen und nachhaltigen Leben wird ein Ostern sein: das Wunder der Befreiung von Erde, Wasser und Luft, die Auferstehung von Gerechtigkeit und Frieden für alle Lebewesen und Völker. „Ein Licht wird aufgehen über denen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes und richten unsere Füße auf den Weg des Friedens.“ Lk 1,79
Herwig Sturm, Botschafter für das Jahr der Schöpfung
Februar 2022